Auftragsart: Initiativprojekt
Architektur: osmb Architekten AG, Oliver Schwarz, Christine Sträuli-Türcké
Erweiterungs-Neubau ‚Wohnen mit Service‘.
Haus W., das denkmalgeschützte Gebäude mit seiner schmucken Backsteinfassade, wurde Anfang des 20. Jahrhunderts als Männerheim im Stil eines Landgutes erbaut, ist heute im Besitz einer Pflegeinstitution und wird als Pflegeheim genutzt. Das ehrwürdige Gebäude ragt imposant aus der Mitte seines Grundstückes mit südseitiger Seesicht und Parkanlage. In seinen symetrisch angelegten Seitenflügeln West und Ost befinden sich medizinische Stationen und die Zimmer der Pflegeeinrichtungsbewohner. Ein Neubau für ‚Wohnen mit Service‘ soll das Angebot der Pflegeinstitution erweitern.
Die organischen Lang-und-niedrig-Formen der Gebäudeflügel des Neubaus sind in sich asymetrisch ausgebildet und somit von der strikten architektonischen Symetrie des Hauses W. befreit. Während das alte Gebäude (Haus W.) über seinem Terrain thront, verschmilzt der Neubau eher mit seinem Terrain.
Südseitig, parallel zur Nordfassade des Hauses W. befindet sich die Einfahrt zur ebenerdigen Parkgarage des Neubaus. Über der Parkgarage erstreckt sich entlang den Gebäudeflügeln die Gartenanlage. Die langen Gebäudeflügel erstrecken sich nach Osten und Westen. Beidseitig verjüngen sich die äusseren Flügel in ihrer Gebäudetiefe sowie in der Anzahl ihrer Wohngeschosse von drei auf zwei. Der westliche Gebäudeflügel endet in einem separaten Annex, einem kleinen Tee-Pavillon an schönster Aussichtslage. Insgesamt 56 2-Zimmerwohnungen sind in den Flügeln Ost und West untergebracht.
Baugelände und Umschwung
Während das schlossartige Haus W. mit südlicher Parkanlage und Seepanorama punkten kann, entfaltet sich der Neubau rückseitig des Hauses W. auf schmalem, z.T. steilen Terrain. Der nordseitige Asphaltplatz des Hauses W. wird über eine separate Zufahrt erreicht. Etwa in den 60er-Jahren wurde auf diesem Platz axial, nach ‚hinten hinaus‘, ein separater, zweigeschossiger Gebäudeblock mit Verbindungsgang zum Hauptgebäude errichtet. Anschliessend an den Nordhof steigt eine Wiese bis zur Lindenstrasse hinauf.
Für das Neubau-Projekt ‚Wohnen mit Service‘ bietet sich dieses Gelände zwischen Nordhof und Lindenstrasse in idealer Weise an. Es liegt auf der Hand, das Neubauprojekt hauptsächlich hinter und nicht neben dem Haus W. zu planen, um die umgebende Kulturlandschaft mit Seesicht nicht zu beeinträchtigen.
Struktur des Neubaus
Axial zum Haus W. wird der separate Gebäudblock im Nordhof (Abriss, Neubau) zur zentralen Erschliessung für den Neubau ausgebildet. Eine lange Backstein/Klinker-Mauer mit darüber liegender, nach Süden leicht ansteigender Gartenanlage bilden die äussere Hülle des neu errichteten Sockelgeschosses; Parkgaragen, Keller, zentrale Gebäudeerschliessung, Verbindung zum Haus W., sekundäre Erschliessungen, sind darin untergebracht. Über dem neuen Erschliessungsbau entsteht ebenerdig zur Lindenstrasse ein kleiner Park (mit tiefem Erdsubstrat für Bäume). Ausgehend vom Erschliessungsbau führen Korridore entlang der Nordfassade in die Gebäudeflügel Ost und West. Je 28 Wohnungen verfügen über zwei Zimmer, Küche und Bad, französischen Fenster und einen Balkon. Die Parterrewohnungen haben direkten Zugang zur Gartenanlage.
Von der Lindenstrasse aus gesehen
Linker- und rechterhand des neuen Aussichtspunktes (Pärkli) sind von den geschwungenen Gebäudeflügeln nur die Dachstockwerke zu sehen. Das Tageslicht gleitet geschmeidig über die zinkblechverkleideten Dachschrägen: Der Himmel reflektiert sich darin, die Gebäudbedachung erfährt eine optische Entmaterialisierung. Das von der Lindenstrasse aus ebenerdig zu begehende Pärkli mit Bäumen und Sitzbänken befindet sich zwischen den beiden langen Wohnflügeln. Dieser kleine Park bietet eine herrliche Aussicht über die Dachlandschaft des Hauses W. hinweg.
Baustil von Altbau und Neubau
Mit der märchenschlossartigen Südfassade des denkmalgeschützten Hauses W. (Bollenstein- und Backstein-Mauerwerk, Steinmetzarbeiten, Holzschnitzereien, Glasmalerei) will die Fassade des Neubaus ‚Wohnen mit Service‘ nicht konkurrieren. Doch ebenso wie die Südfassade des Hauses W. zur Zeit seiner Erbauung ist die Fassade des Neubaus in historisierendem Stil geprägt. So sind Gebäudestruktur, Dach- und Fassadenbild an den Haussmannschen Stil angelehnt (Georges-Eugène Haussmann 1809 -1891). Die Akzentuierung der Waagrechten (Geschosse) verleiht dem Gebäude eine elegante Dehnung. Die strikte Repetition der hohen und schmalen, lukarneartigen französischen Fenster und Terrassenausgänge rhythmisieren die Fassade senkrecht. Die senkrechte Struktur der Zinkfassaden (Nuten) agiert als rhythmisierender Hintergrund für die Fassadenöffnungen. Diese Balance von Waagrecht und Senkrecht, dazu die exakte Repetition, erzeugen ein ruhiges und harmonisches Fassadenbild.
Fassaden, Beispiele
Beim 2-geschossigen Gebäude-Westflügel verkleidet Zinkblech die Bedachung (entspricht dem 2. Wohngeschoss). Das 1. Wohngeschoss (Parterre), sowie Gebäudesockel und Stützmauern sind in Backstein/Klinker ausgebildet.
Beim 3-geschossigen Gebäude-Ostflügel verläuft die Zinkblechverkleidung über die Fassade des 2. Wohngeschosses und dem Dachgeschoss (entspricht dem 3. Wohngeschoss). Die Fassade des 1. Wohngeschosses (Parterre), sowie Gebäudesockel und Stützmauern sind in Backstein/Klinker ausgebildet.
Christine Sträuli-Türcké